Personalentwicklung und Informationstechnologie

Chancen und Risiken moderner Personalarbeit

Technologie, Organisation und Personal sind keine disparaten Themenfelder mehr, deren gleichzeitige Nennung unorganisch wirkt. Ganz im Gegenteil haben in den vergangenen Jahren insbesondere Personalmanagement und Personalentwicklung von der Angebots- und Leistungsdynamik der Informationstechnologie und der Organisationsdiversifikation profitiert. In dieser Entwicklung liegen Chancen, aber auch Risiken für die Modernisierung der Personalarbeit. Professionelle Prozessbegleitung seitens der Experten des Steinbeis-Transferzentrums Technologie – Organisation – Personal (TOP) in Gottmadingen strukturiert entsprechende Projekte, bewältigt Umsetzungsbarrieren und realisiert Optimierungspotenziale.

Die Informationstechnologie ist in den letzten zehn Jahren zum Taktgeber in der Transformation der Personalarbeit geworden. Ihre Anwendungsbereiche in der Personalentwicklung sind nahezu grenzenlos. Sie reichen von der individuellen Entwicklungsplanung über das Kompetenzmanagement bis hin zu Verwaltungsprozeduren in der Weiterbildung, von Balanced-Scorecard-Implementierungen für die Personalentwicklung bis hin zu komplexen eLearning-Szenarien mit Second-Life-Charakter. Die konkrete Ausprägung hängt vom betrieblichen Bedarf und verfügbaren Budget ab. Im Idealfall lässt sich die Personalentwicklung in zwei Teilprozesse gliedern, das HR Performance Management (Kompetenzmessung, Leistungsbeurteilung, Zielvereinbarung, Entwicklungsplanung usw.) und die betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne.

Für diese Prozesse existiert am Markt der Informationstechnologie eine Vielzahl an Produkten, Dienstleistungen und Anbietern. Das Spektrum umfasst Anwendungen mit unterschiedlicher Funktionstiefe und -breite, einerseits eher auf das HR Performance Management fokussierte, sehr leistungsfähige Applikationen wie „SuccessFactors“ oder „ET-Web“, andererseits umfangreiche und intelligente, stärker auf die Weiterbildung gerichtete Anwendungen, sogenannte Learning Management Systeme „Plateau“ oder „SumTotal“.

Noch ist die Szenerie ein wenig unübersichtlich und intransparent. Denn der reichhaltige Produktmarkt wird erweitert und ergänzt durch Beratungs- und Systemintegrationsdienstleistungen von Outsourcing- und IT-Providern sowie von weiteren Beratungshäusern mit HR-Fokus. Je nach Region, Unternehmensgröße oder Spezifikationsgrad der funktionalen und technologischen Anforderungen treten weitere Lösungsoptionen, Nischenanbieter und Service-Dienstleistungen hinzu. Hier leisten die Experten des Steinbeis-Transferzentrums TOP methodisch strukturierte Unterstützung bei der Auswahl und Bewertung von IT-Produkten und Dienstleistungen.

So wurden Steinbeis-Berater von einem deutschen Allfinanzkonzern hinzugezogen, als es darum ging, für die Prozesse des HR Performance Managements und der Aus- und Weiterbildung ein leistungsfähiges IT-System zu integrieren. Das primäre Ziel dieses Projektes bestand in der Harmonisierung einer hochgradig heterogenen Anwendungslandschaft und der Einrichtung einer nutzerfreundlichen, intuitiv handhabbaren Applikation mit hohem Anteil an Employee-Self-Services-Funktionen.

Das Vorhaben bestand aus mehreren Arbeitsschritten: Vorstudie zur Bewertung der Machbarkeit, der budgetseitigen Folgen und zur Konkretisierung der Anforderungen, Erstellung von Fach- und IT-Konzept, Pre-Test-, Test- und Pilotphasen sowie abschließende Implementierung und Roll-Out-Umsetzung. Durchgeführt wurden diese unter ständiger Einbindung der internen Kunden und Stakeholders und phasenweise unter Hinzuziehung weiterer externer Expertise. Die Steinbeis-Berater fungierten im Rahmen dieses komplexen Projektes insbesondere als Prozessbegleiter, Steuerungsinstanz und konzeptionelle Unterstützung. Sie koordinierten die Ergebnisse der Teilprojekte und evaluierten externe Impulse und konzeptionelle Fortschritte.

Ohne Zweifel liegt in der informationstechnologischen Prozessunterstützung, wie sie in derartigen Projekten realisiert werden kann, eine große Chance zur Professionalisierung und Modernisierung der Personalentwicklung. Das betrifft die Reduktion von Medien- und Systembrüchen, die Beschleunigung von Verwaltungs-, Buchungs- und Kommunikationsprozeduren, die Bereitstellung von Daten für das Berichtswesen auf unterschiedlichen Managementebenen, die Zielgruppenansprache oder die Optimierung arbeitsplatzbezogener Lernprozesse. Zu den wesentlichen Anforderungen zählen die Steigerung der Benutzerfreundlichkeit und des Nutzungsgrads, die Verbesserung der Controlling-Möglichkeiten und die Integration von Employee-/ Manager-Self-Service-Funktionen.

Gleichzeitig liegen in dem enormen Rationalisierungs- und Modernisierungspotenzial der Informationstechnologie erhebliche Risiken für die Personalentwicklung. Dazu gehört vor allem die Verwechslung von Personalentwicklung mit Informationstechnologie. Dabei werden die Mitarbeitergespräche an ein elektronisches System delegiert, notwendige Kompetenzentwicklungen über massenhaft verbreitete Web-Based-Trainings abgewickelt und die Auswahlentscheidungen an ein „eAssessment“-Instrumentarium übergeben. Bei aller erforderlichen technologischen Systematisierung und Straffung von Personalentwicklungs- und Qualifizierungsprozessen wurde und wird damit unversehens das Mittel zum Zweck und Personalentwicklung zu einer Frage der technologischen Ausstattung.

Dagegen sprechen einige schlichte Wahrheiten, zunächst das Subsidiaritätsprinzip der Personalentwicklung. Demnach ist Personalentwicklung primär ein Prozess zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, zwischen Führungskräften und Unternehmensleitung. Darüber hinaus ist die funktionale, prozessbezogene Dimension der Personalentwicklung zu berücksichtigen. In dieser Perspektive sollte Personalentwicklung als abgeleitete, unterstützende Funktion im betrieblichen Leistungsprozess wirtschaftlich, effizient, zeit- und ressourcenschonend betrieben werden.

Es ist dieser Auftrag der Personalentwicklung in der Prozesslandschaft des Unternehmens, der eine Installation der genannten Systeme, die Beauftragung entsprechender Dienstleister und Lieferanten rechtfertigen mag. Solche Vorhaben sollten homogene Infrastruktur ohne Medien- und Systembrüche und Anbindung an die ERP- und HR-Systeme haben. Auch die vorhergehende Optimierung von Strukturen, Prozessen und Dienstleistungen, Flexibilisierung und Individualisierung bzw. Personalisierung von Systemen und Prozessen stehen bei diesen Projekten im Vordergrund. Automatisierung von aufwendigen, aber inhaltlich irrelevanten Randdienstleistungen und Routinen und Gewährleistung hoher Benutzerfreundlichkeit rundet das „Zielbild“ der Vorhaben ab.

Wenn diese Maßgaben beherzigt werden, kann Informationstechnologie Personalentwicklung in ihren unterschiedlichen Dimensionen und Ausprägungen sinnvoll unterstützen und damit wirtschaftlicher und effektiver gestalten. Dennoch bleibt Umsicht geboten, weil es nicht darum geht, all das technologisch zu realisieren, was aus Personaler-Sicht wünschenswert erscheint, sondern nur das, was Führungs- und Personalentwicklungsarbeit wirksam unterstützt und sich als Investition betriebswirtschaftlich rechtfertigen lässt.

Seite teilen