Energieeffizienz in der Produktion

Ein wesentlicher Baustein zur Sicherstellung der Ressourceneffizienz

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht mit dem Schlagwort „Energieeffizienz“ konfrontiert werden. Energieeffizienzlabel prangen uns beim Besuch entsprechender Fachabteilungen in Kaufhäusern entgegen, in denen Haushaltsgeräte und Elektronikartikel ihren Weg zum Konsumenten suchen. Auch im industriellen und gewerblichen Umfeld begleitet das Thema Energieeffizienz nahezu allgegenwärtig unsere Entscheidungsprozesse. Prof. Dr. Georg Kleiser, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Energieeffiziente Produktion, erklärt, welche Aspekte Unternehmen dabei berücksichtigen sollen.

Neben der starken Präsenz dieses Themas im Produktmarketing fordert der gesetzliche Zwang zu Energieaudits und zur Einführung von Energiemanagementsystemen, teilweise belohnt durch die staatlicherseits in Aussicht gestellte Rückerstattung von Energieumlagen, zum Nachdenken über die Verwendung von Energie in der Produktion auf. Allein auf Grund der Präsenz dieses Themas im öffentlichen Bewusstsein und damit einhergehend in zahlreichen Normen und Gesetzen lässt sich schon ableiten, dass eine langfristige, auf Ressourcenschonung ausgerichtete Produktionsstrategie das Thema Energieeffizienz nicht aussparen kann. Welchen Stellenwert wird jedoch zukünftig die Energieeffizienz als Teil einer Ressourceneffizienzstrategie einnehmen und mit welchen Herausforderungen werden wir zu rechnen haben?

Mit dem kontinuierlich gewachsenen Umweltbewusstsein in den 1980/90er-Jahren und der daraus hervorgegangenen Implementierung von Umweltmanagementsystemen in die Planung und Steuerung von Produktionsprozessen, war auch das Thema Energieverbrauch stärker in den Fokus der innerbetrieblichen Optimierung gerückt. Die entsprechenden Werkzeuge und Normen, wie Managementsysteme nach DIN ISO 14001 und das European Energy Management and Audit Scheme (EMAS), führen den Energieverbrauch als einen zentralen Umweltaspekt auf, der entsprechend zu dokumentieren und zu minimieren ist. Gemäß der allgemeinen Ziele der Umweltmanagementsysteme stand hierbei vorrangig der „Schutz der Umwelt durch Verhindern oder Reduzieren nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt“ im Vordergrund. Der Energieverbrauch als Indikator wird somit unmittelbar mit dessen Folge, nämlich schädlichen Emissionen, verknüpft. Hierbei ist der Kohlendioxidausstoß als Verursacher des Treibhauseffekts als wichtigste nachteilige Auswirkung zu nennen. Die Betrachtung des Aspekts Energie erfolgte hauptsächlich auf Basis der Endenergie, in vielen Fällen in der Detailauswertung dann separiert nach Strom- und Brennstoffverbräuchen.

Die global wachsende Bedeutung der Treibhausgasproblematik hat zwischenzeitlich dazu geführt, dass der Druck zur Reduzierung von energiebedingten Kohlendioxidemissionen zugenommen hat. Die Einführung und kontinuierliche Umsetzung der Ökodesignrichtlinie wie auch die Etablierung von nationalen Energieeinsparplänen, die auch Zielvorgaben für Industrie und das Gewerbe vorgeben, sind hier beispielhaft zu nennen. Auf Grund dieser Bedeutung wurde auch dem Energiemanagement eine höhere Bedeutung zugeschrieben, was zur Etablierung von eigenständigen Normen zum Umgang mit dem Wirtschaftsgut Energie führte. Seit 2012 steht als Richtlinie zum Aufbau und zur Durchführung eines Energiemanagements die Norm DIN ISO 50001 bereit. Im Vordergrund stehen hier die innerbetrieblichen Abläufe und die Organisation. Das Vorgehen zur Quantifizierung der Energieströme und zur Ermittlung von Einsparpotenzialen im Rahmen eines Audits wird in der DIN 16247 standardisiert. Das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) macht die Einrichtung eines Energiemanagementsystems oder die Durchführung eines Audits gemäß obiger Standards für alle Unternehmen, die nicht den Status eines KMU haben, zur Pflicht.

Die Umsetzung dieser Vorgaben und Verpflichtungen stellte für die Unternehmen in der Vergangenheit eine große Herausforderung dar, die auch zu einem großen Bedarf an Beratungsdienstleistungen geführt hat. Produktionssysteme zeichnen sich durch eine komplexe Nachfrage nach unterschiedlichen Energiedienstleistungen aus. Als tatsächliche Nutzenergie im Produktionsprozess wird Arbeit zur Transformation, d. h. vor allem zur Veränderung der Produktgestalt, und zum Transport der Produkte benötigt. Diese Arbeit wird entweder über elektrischen Strom bereitgestellt oder über weitere Zwischenenergieformen wie Druckluft oder Hydrauliksysteme appliziert. Des Weiteren besteht ein Bedarf für Prozesswärme als Nutzenergie, die zur Durchführung von chemischen Reaktionen und Phasenwechsel, wie Schmelzen und Verdampfen, benötigt wird. Der Prozesswärmebedarf wird ebenfalls oftmals über weitere Energieträger wie Dampf oder Heißwasser zur Verfügung gestellt.

Neben den eigentlichen Nutzenergieanforderungen des Produktionsprozesses selbst sind weitere Energiebedarfe im Umfeld der Produktion vorhanden, die ebenso bedient werden müssen. Hierzu zählen die Bereitstellung der notwendigen Raumwärme in Produktionshallen und Energie für Licht und Kommunikationszwecke. Energieberatungen ebenso wie staatliche Förderprogramme zur Schaffung von Investitionsanreizen fokussieren bislang sehr stark auf diese, den eigentlichen Produktionsschritten vor- oder nachgelagerten Energiewandlungsprozesse. Häufig werden diese auch als Querschnittstechnologien bezeichnet, da sie universell in vielen Branchen mit vergleichbarer Technologie eingesetzt werden. Diese Fokussierung ist auch aus folgenden Gründen zunächst nachvollziehbar: Die Expertise der Beratungsanbieter liegt häufig auf der Gebäudetechnik oder auf einzelnen Energiebereitstellungstechnologien, wie Druckluft oder Kälte, so dass die Beratung als logische Folge auch diese Aspekte meist in den Vordergrund rückt. Des Weiteren haben Anbieter von finanziellen Förderprogrammen die Aufgabe, Investitionsanreize möglichst breit aufzustellen und allen Branchen zugänglich zu machen. Von daher vermeiden sie Ausschreibungen, die sich spezifisch nur auf einzelne Produktionsprozesse und damit Industriezweige beziehen.

Eine weitergehende und in die Zukunft gedachte Optimierung der Energieeffizienz auch im Hinblick auf eine gesamtheitliche Ressourceneffizienzstrategie sollte jedoch weitere Punkte mit berücksichtigen: Der erste Hebel zur Optimierung der Energieeffizienz ist der eigentliche Produktionsprozess. Es macht keinen Sinn, zunächst die Druckluftbereitstellung für einen Schüttguttransport zu optimieren, wenn insgesamt das ganze Logistikkonzept innerhalb der Produktion nicht stimmig ist. Die energetische Optimierung muss an der Stelle der Nutzenergieanforderung, quasi im Herzen des Produktionsprozesses, einsetzen. Ein zentraler Hebel zur Erreichung von mehr Energieeffizienz ist daher die Optimierung des Durchsatzes. Da viele Nebenaggregate auch in Teillast oder Leerlauf häufig noch einen recht hohen Energiebedarf aufweisen, steigt der spezifische Energiebedarf im Falle einer geringeren Auslastung der Produktion stark an. Gut gemeinte Maßnahmen zur Energieeinsparung, die die Qualität der Produktion oder das Erreichen der Produktionsmengen gefährden bzw. sich negativ auf die Materialeffizienz auswirken, sind von vorneherein zu verwerfen. Nur eine ganzheitliche Betrachtung der Energieflüsse einschließlich ihrer Vorketten führt tatsächlich in allen Fällen zu einer Energieeinsparung insgesamt. Dabei sind im energetischen Bereich auch Materialverbräuche mit in die Betrachtungen einzubeziehen. Dies gelingt jedoch nur, wenn ein ganzheitliches Life Cycle Assessment (LCA) erfolgt und unterschiedliche Produktionsmethoden dann auch hiermit verglichen werden. Als Indikator zum Vergleich von Energieverbräuchen eignet sich dann entweder der kumulierte Energieaufwand (KEA), dessen Minimierung direkt für die Erhaltung der energetischen Ressourcen steht. Alternativ kann natürlich auch das Treibhausgaspotenzial oder Global Warming Potential (GWP) herangezogen werden, welches dann den Vergleich von Prozessen und Technologien hinsichtlich ihrer negativen Auswirkungen auf die Erderwärmung zulässt.

Der gesellschaftliche Willen zur Eindämmung der Erderwärmung hat dem Thema Energieeffizienz eine große Auftriebswirkung verschafft. Die generelle Knappheit unserer Ressourcen wie auch die Schaffung kompletter neuer Technologien und Prozesse, auf die mittels des Internets global zurückgegriffen werden kann, rücken das Thema wieder etwas stärker in Richtung einer gesamthaften Optimierung der Produktion, die alle eingesetzten Ressourcen berücksichtigt. Fachkompetenz, die produktionstechnisches und energietechnisches Know-how auf der einen Seite sowie die Methodenkompetenz zur Evaluierung der entsprechenden Systeme auf der anderen Seite vereint, muss von daher stärker in den Hochschulen aufgebaut und von Beratungsdienstleistern angeboten werden. Nur so wird es gelingen, die politischen Ziele und Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen und zur Ressourceneffizienz gleichsam umzusetzen.

Kontakt

Prof. Dr. Georg Kleiser leitet das Steinbeis-Beratungszentrum Energieeffiziente Produktion an der Hochschule Ulm und bietet seinen Kunden Beratung zur Steigerung der Energieeffizienz speziell in den Bereichen Industrie und Gewerbe, Bewertung und Analyse von Energieeffizienzmaßnahmen sowie energetische Optimierung von Produktionsprozessen.

Prof. Dr. Georg Kleiser
Steinbeis-Beratungszentrum Energieeffiziente Produktion (Heubach)
su1653@stw.de

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