Ein einfacher Weg zur besseren Luft

Steinbeis-Experten entwickeln eine kostengünstige Lösung um die Innenraumluft zu verbessern

Wenn sich Menschen in einem geschlossenen Raum befinden, könnten sie in jedem Augenblick Luft einatmen, die einen CO2-Anteil von 1.300 bis 2.000 ppm enthält. Laut DIN sollte dieser Wert 733 ppm nicht übersteigen. Über diese unsichtbare Gefahr der Luftverschmutzung und ihre Auswirkung auf Mensch und Tier muss nachgedacht werden. Ziel ist eine einfache Lösung, die diesem Problem in ökonomischer und fortschrittlicher Art und Weise entgegentritt.

Einer Studie der Weltgesundheitsorganisation aus dem letzten Jahr zufolge gibt es jährlich 7 Millionen frühzeitige Todesfälle, die mit Luftverschmutzung in Verbindung gebracht werden. Daran ist vor allem die Tatsache erschreckend, dass 4,3 Millionen Menschen pro Jahr daran sterben, dass sie der Luftverschmutzung in den eigenen vier Wänden ausgesetzt waren. Das bedeutet, dass für die Mehrheit der Betroffenen die Luftqualität in geschlossenen Räumen die Hauptursache für ihre gesundheitlichen Probleme darstellte. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Mensch durchschnittlich 90% des Tages in geschlossenen Räumen verbringt, ist dies jedoch nicht weiter verwunderlich.

Die United States Environmental Protection Agency hat herausgefunden, dass die Konzentration von einigen Schadstoffen in geschlossenen Räumen oftmals das 2- bis 5-fache von dem aufweist, was typischerweise außerhalb gemessen wird. Gesundheitsbeschwerden werden heute vornehmlich von einem Gas verursacht, das wir im Allgemeinen nicht als gesundheitsgefährdend betrachten: CO2. Daher haben sich die Steinbeis-Experten am Steinbeis-Transferzentrum Systemtechnik/Automotive mit den Thema Luftverschmutzung in geschlossenen Räumen auseinandergesetzt.

Sie haben Daten zusammengetragen und in Zusammenarbeit mit Studenten Versuche durchgeführt: Die Steinbeis-Experten wollten beispielsweise messen, ob und wie sich die Luftqualität schon durch das Öffnen eines Fensters oder das Einschalten einer simplen Belüftung signifikant verbessern lässt. Dafür wurde ein kleines Steuergerät zum Experimentieren entwickelt. Dieses System verfügt über Sensoren außerhalb und innerhalb des geschlossenen Raums. Die Sensordaten, die Konzentrationen unterschiedlicher Gase, Temperatur und Luftfeuchtigkeit beinhalten, werden aufgezeichnet. Wird dabei festgestellt, dass die Luftqualität außen besser ist als innen, wird der Luftaustausch veranlasst. Dieser kann je nach System durch das Öffnen eines Fensters oder das Einschalten eines Belüftungssystems realisiert werden. Darüber hinaus vergleicht das System die aktuelle Innenraumluft mit Standardwerten und gibt dem Nutzer Rückmeldung, ob dieser sich zurzeit in einem Raum mit eher guter oder schlechter Luftqualität befindet. Da das System im Hinblick auf einen späteren Einsatz in einem Fahrzeug untersucht wurde, besitzt es eine CAN-Schnittstelle. Mit dieser kann es in ein bestehendes Fahrzeug integriert werden und kann die für die Ansteuerung des Belüftungssystems notwendigen Befehle direkt an eine vorhandene Steuereinheit schicken.

Des Weiteren ist das System in der Lage festzustellen, ob das Fahrzeug gerade in Bewegung ist oder nicht. Entsprechend passt das System das Verhalten des Lüftungssystems an, bei Windstille werden Fenster/Klappen weiter geöffnet und Ventilatoren laufen mit einer höheren Drehzahl, als dies bei starkem (Fahrt)-Wind der Fall ist. Zusätzlich können auch Werte für die Minimum-/Maximum-Temperatur gesetzt werden, die nicht unter-/überschritten werden dürfen. Durch Temperatursensoren innen und außen kann das System feststellen, ob weiteres Lüften den Raum erwärmen oder kühlen würde und dann gemäß seinen Vorgaben darauf reagieren. Dadurch kann eine zusätzliche Belastung für die Heizung oder die Klimaanlage verhindert werden, was sowohl aus ökonomischen, als auch aus ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll ist.

Das komplette System wurde so entwickelt, dass es kostengünstig hergestellt werden kann. Die günstigen Sensoren, die verwendet wurden, verlangen es, die Daten durch die Software zu verifizieren. Die für die Ansteuerung der Aktoren benötigten Regler wurden für einen ARM7- Prozessor, der das Herzstück des Systems darstellt, in Python implementiert. Das System verfügt über diverse Schnittstellen wie Bluetooth, WIFI und Ethernet. Über diese können gespeicherte Daten direkt auf ein Smartphone überspielt werden. Aber auch die Verbindung mit jedem internetfähigen Gerät ist möglich. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Daten direkt auf einen USB-Datenträger zu speichern.

Das System verfügt über eine manuelle Bedienungseinheit und zeigt die Luftqualität mit Hilfe von LEDs an. Durch die Verbindung mit einem Smartphone oder einem internetfähigen Gerät stehen darüber hinaus weitere Funktionen und Einstellungen zur Verfügung, wie beispielsweise detaillierte Angaben zu den aktuellen Messwerten. Um Fehler weitestgehend ausschließen zu können, arbeitet das System mit einem geschlossenen Regelkreis.

Die Steinbeis-Experten glauben, dass mit dieser Idee in Kombination mit heutigen intelligenten Steuergeräten einfache Lösungen möglich sind, um das Innenraumluft-Problem in Fahrzeugen zu entschärfen.

Kontakt

Professor Dr.-Ing. Hermann Kull ist Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Systemtechnik/Automotive. Zusammen mit Harsha Jakkanahalli Vishnukumar beschäftigt er sich mit der Entwicklung von Steuergeräte-Software, insbesondere auf dem Gebiet Automotive mit Grundsatzuntersuchungen und Funktionserprobungen von neuen Funktionen im Kraftfahrzeugbau und in der Antriebstechnik sowie mit der Entwicklung und Erprobung von Applikationssoftware für industrielle Systeme.

Professor Dr.-Ing. Hermann Kull
Harsha Jakkanahalli Vishnukumar

Steinbeis-Transferzentrum Systemtechnik/Automotive (Esslingen)
su0259@stw.de

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